Im Mai und Juni habe ich ein Praktikum bei der Klinik-Seelsorge gemacht. Was das mit dem hl. Dominikus zu tun hat, kommt erst etwas später im Text. Meine Tätigkeit sah so aus, dass ich auf eine der Stationen ging und zuerst die Schwestern dort fragte, ob sie einen Patienten wüssten, dem vielleicht ein Gespräch guttun könnte. Wenn sie mir niemand nennen konnten, bin ich von Zimmer zu Zimmer gegangen: anklopfen, eintreten, mich vorstellen als Praktikant in der Klinikseelsorge, mich nach dem Befinden erkundigen, ein Gespräch anbieten.

Das fand ich nicht so leicht. Zum einen wusste ich nie, was für ein Mensch mich in diesem Zimmer erwartete, oder genauer: mich nicht erwartete, ich kam ja unangekündigt. Zum anderen hatte ich immer das Gefühl, mit dem Betreten des Zimmers ungefragt in die Privatsphäre eines Menschen einzudringen. Warum kommen die Menschen, denen ein Gespräch guttun könnte, nicht auf die Klinikseelsorger zu? Da sind professionell ausgebildete Seelsorger, die mit offenem Herzen für die Menschen da sein wollen und dafür viel mehr Zeit haben als die Pfleger. Es kommen nur ganz wenige, weil die Menschen nicht wissen, was ihnen da angeboten wird.

Ist das nicht die Situation der ganzen Kirche? Wie gerne würden wir allen vom Reich Gottes erzählen und vom ewigen Leben, das uns geschenkt ist. Außer denen, die es ohnehin schon glauben, kommt niemand.

In einem Wirtshaus begann das Wirken des heiligen Dominikus mit einem Gespräch mit dem Gastwirt.  Wie die Apostel (Mt 10,5-14) zog er von Dorf zu Dorf, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Ja, es ist viel einfacher, darauf zu warten, dass die suchenden Menschen zu uns kommen, als selber zu ihnen zu gehen. Ein Nachmittag meines Klinikpraktikums sah so aus: Die erste Patientin wollte mit Kirche nichts zu tun haben. Die zweite hatte gerade Besuch von ihrer Mutter. Die dritte schlief. Der vierte verstand mich nicht, weil ich eine Maske trug und er schwerhörig war. Der fünfte sagte mir, er habe keinen Bedarf, da er schon mit dem Priester und der Diakonin gesprochen habe. Danach bin ich wieder nach Hause gefahren.

 10 Jahre lang zog Dominikus alleine und erfolglos durch Südfrankreich von Dorf zu Dorf. Als sich in Toulouse um ihn eine Gemeinschaft von Brüdern gebildet hatte, schickte er sie in die ganze Welt hinaus, damit sie zu den Menschen gingen und ihnen das Wort Gottes bringen.

Haben wir den Mut, auf andere zuzugehen und von unserem Glauben zu sprechen? Es geht nicht darum, dass wir uns aufdrängen: „Wenn man eure Worte nicht hören will, geht weg aus jenem Haus!“ (Mt 10,14)

Die Menschen kommen nicht in die Kirche, weil sie nichts darüber wissen. Und haben wir die Ausdauer, wie der hl. Dominikus nicht aufzugeben, wenn wir Jesu Worten säen, ohne ernten zu können?