Es gibt eine bebilderte Handschrift aus dem Jahr 1330, die neun Gebetsweisen des heiligen Dominikus beschreibt. Die erste davon zeigt ihn in tiefer Verneigung vor dem Altar und einem Kreuz. Diese Haltung bringt einerseits die tiefe Demut des Dominikus zum Ausdruck. Aber nicht Demut als falsch verstandene Unterwürfigkeit, sondern Dankbarkeit für die Erlösungstat Christi am Kreuz. Dominikus erkennt, dass – nach christlichem Verständnis – die Hingabe Jesu in die Liebe des Vaters zur Auferstehung, zur Überwindung von Sünde und Tod führt. In Jesus wird für Dominikus sichtbar, dass die Hingabe an den Vater zum Leben führt, das keine Grenze mehr kennt. Doch ist diese Haltung der Demut, des Verneigens zugleich eine Haltung der Zuwendung. Dominikus wendet sich Jesus zu – und das Bild zeigt: Jesus wendet sich vom Kreuz herab Dominikus zu! Diese Haltung macht für mich die innige Liebe des Dominikus zu Christus sichtbar – die aus dem Erkennen erwächst, dass sich Gott in Jesus dem Menschen zuneigt. Aus dieser Erkenntnis drängt es Dominikus, die Menschen seiner Zeit zu einer Begegnung mit dem sich zuwendenden Gott zu führen. Er sieht in dieser Begegnung das Heil, das Gott in Jesus schenken will. Was hier alles sehr theologisch klingt, zeigt im Leben des Dominikus eine ganz konkrete Wirkung: Mit der gleichen Zuwendung, die er durch Jesus erfährt, geht Dominikus auf die Menschen zu um ihr Herz für Gott zu gewinnen.
Diese Haltung des Dominikus ist für mich Einladung, mir dieser liebenden Zuneigung Gottes zu mir immer wieder bewusst zu werden – und sie durch mein Leben anzunehmen. Dies bedeutet für mich, Zuneigung zu Gott zu leben – einerseits im Gebet, im direkten Gespräch mit ihm, andererseits im Dasein für und mit meinem Nächsten. Und überall, wo mir letzteres vielleicht auf Grund menschlicher Schwächen schwerfällt, mich an das Vorbild des heiligen Dominikus zu erinnern und mit ihm Gott um Hilfe bitten.
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