Wie ein Hund mit einer Fackel im Maul die Welt in Brand steckt, wenn er sie umkreist,

so würde sich das Wort ihres Sohnes wie ein Lauffeuer ausbreiten, wohin immer er gelangte:

Vision der seligen Johanna vor der Geburt ihres Sohns: Dominikus.

Anfänge: Dominikus entdeckt seine Berufung

Dominikus stammt aus einer wohlhabenden und frommen Familie in Caleruega (Kastilien/ Zentralspanien). Um 1174 geboren, schicken ihn seine Eltern Felix und Johanna[1] im Alter von sechs Jahren zu seinem Onkel, der Priester ist. Bei ihm absolviert er mit außergewöhnlichem Interesse eine Art Grund-Schule, bevor er sich in Palencia zunächst den „Freien Künsten“ zuwendet, damit er Theologie studieren kann. Mit Ausdauer und Leidenschaft vertieft er sich besonders in die Hl. Schrift und verinnerlicht sie so sehr, dass man später von ihm sagt, er habe das Matthäusevangelium und die Paulusbriefe fast auswendig gekannt! Doch dieses Studium öffnet ihm auch den Blick für die Welt um ihn herum: Als Palencia von einer großen Hungersnot heimgesucht wird, verkauft er seine (materiell und ihm besonders) teuren Bücher, um den Armen etwas zu essen zu geben: „Ich will nicht über toten Häuten (Pergamenten) studieren, während Menschen vor Hunger sterben!“

Diese Tat erregt große Aufmerksamkeit: Mitstudenten und Professoren folgen seinem Beispiel, und selbst der Bischof hört von ihm. Letzterer beruft ihn in sein Domkapitel in Osma, damit Dominikus dort in Gemeinschaft ein authentisches Leben nach dem Evangelium führt, und sich zurückgezogen dem Gebet und dem Studium widmen kann. Aber dabei soll es nicht bleiben: Bischof Diego nimmt den mittlerweile zum Priester geweihten und zum Supprior („zweiten Mann“) in der Gemeinschaft gewählten, etwa 30jährigen Dominikus auf eine diplomatische Reise in die „Marken“ in Österreich mit. Als sie auf dem Weg in Toulouse in einer Herberge absteigen, kommt Dominikus ins Gespräch mit dem Wirt, der Anhänger der Katharer ist. Diese ziehen Scharen von Menschen an, die tief von ihren Worten und ihrem Lebensstil beeindruckt sind: Als asketische Wanderprediger zählt für sie nur das Geistige, sie verachten den eigenen Leib, den Reichtum und die ganze Welt, die ihnen zufolge vom Teufel ist! Die ganze Nacht hindurch diskutiert Dominikus mit dem Herbergswirt und hat ihn am Morgen schließlich für die christliche Frohbotschaft zurückgewonnen.

Doch Worte allein reichen nicht. Als Bischof Diego und er wenige Jahre später päpstliche Legaten in Montpellier treffen, merken sie, dass der Erfolg der Mission vom eigenen Auftreten abhängt: Diego schickt Tross und Ross, womit er als Bischof standesgemäß unterwegs ist, zurück nach Spanien, um mit Dominikus in Armut und zu Fuß das Wort Gottes zu predigen. Die päpstlichen Missionare tun es ihnen gleich, und in den folgenden Jahren ziehen sie predigend zu Fuß durch Südfrankreich. In einigen Städten kommt es zu öffentlichen Streitgesprächen. Oft sind die kirchlichen Missionare so überzeugend, dass sich selbst die Wortführer der Gegenseite bekehren! Weil sich auch viele Frauen bekehren, können Diego und Dominikus 1206 ein Kloster in Prouilhe gründen, wo die Frauen ein Leben des Gebets führen. Das Kloster, wo die Wanderprediger ausruhen können, trägt selbst den Namen „sacra praedicatio“ – „Heilige Predigt“, denn: Das vorbildliche Leben der Nonnen ist bereits selbst „beredtes“ Zeugnis für die Wahrheit der christlichen Botschaft.

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: das Mandat einiger päpstlicher Missionare läuft aus, Ende 1207 stirbt Bischof Diego, und im Jahr darauf wird einer der päpstlichen Legaten ermordet, woraufhin der Papst die Nordfranzosen zum Kreuzzug in den Süden aufruft. Dominikus muss nach Osma zurückkehren, bis ein neuer Bischof ihm die Erlaubnis zur Wanderpredigt gibt.

[1]    Man hat die Eltern lange zu Unrecht für Angehörige der Adelsfamilien Asa (Johanna) / Guzmán (Felix) gehalten.

Mission und Vision werden Institution

Erst 1211 kann Dominikus mit ein paar Mitbrüdern aus dem Domkapitel nach Südfrankreich zurückkehren. Die wenigen Missionare reisen und predigen teils unter Lebensgefahr: Während um sie herum der Kreuzzug tobt, sind sie auch persönlichen Anfeindungen durch ihre Gegner ausgesetzt. Doch Dominikus lässt sich nicht einschüchtern, ob er nun bespuckt, beworfen oder gar mit dem Tod bedroht wird: Heiter und gelassen begegnet er seinen Feinden und beeindruckt sie durch seine Sehnsucht, für Christus zu sterben, wenngleich er gesteht: „Ich bin des Martyriums nicht würdig.“

Die zunächst zeitlich befristete und relativ unverbindliche Missionstätigkeit gewinnt ab 1215 immer mehr institutionelle Gestalt: Petrus Seilhan übergibt sein Haus und sich selbst, gemeinsam mit einem weiteren Bürger von Toulouse, in die Hände des Dominikus. Nachdem sich im Laufe der Zeit mehr Männer an ihn und die Predigtmission binden, erhält Dominikus vom Diözesanbischof Fulko  auch eine Kirche und gesicherte finanzielle Grundlagen. In Zusammenarbeit mit den aufeinanderfolgenden Päpsten wird die Gemeinschaft zunächst mit der Bulle „Religiosam vitam“ überhaupt als offizieller Orden (vom 22. Dezember 1216, heute als Gründungsdatum gefeiert), schließlich spezifisch als Orden von Predigern (21. Januar 1217) anerkannt, ein bis dahin Bischöfen vorbehaltener Titel. In einer Vision ermutigen ihn Petrus und Paulus, indem sie ihm einen Wanderstab und das Evangelium mit den Worten: „Geh und predige. Denn vom Herrn bist Du auserwählt.“, überreichen, und er sieht seine Brüder zu zweit in die Welt ausziehen, um zu predigen. Daher zerstreut Dominikus mit Gottvertrauen schon am 15. August desselben Jahres seine wenigen Brüder nach Spanien und nach Paris, wo es bereits eine Universität gibt. Während er sich entgegen seinem eigenen Wunsch dazu erweichen lässt, Johannes von Navarra Geld auf die Reise mitzugeben, bleibt er fest entschlossen, die besorgten Mitbrüder auszusenden: „Widersprecht nicht, ich weiß, was ich tue.“ Und er behält Recht: Während Toulouse durch eine Belagerung isoliert ist, treten gerade in den Universitätsstädten Paris und Bologna, wo wenig später eine Kommunität entsteht, zahlreiche Studenten und auch Professoren in den Orden ein.

Leben, Sterben und Weiterwirken als Ordensvater

In den folgenden Jahren legt Dominikus sehr weite Strecken zu Fuß zurück, um die einzelnen Gemeinschaften zu besuchen, zu ermutigen und zu ermahnen, und um für Neugründungen Empfehlungsschreiben in Rom zu erwirken. Dort wird ihm vom Papst die Reform der Nonnenklöster in der Stadt übertragen. Mit mühevoller Überzeugungsarbeit gelingt es ihm, die willigen Nonnen im Kloster von San Sisto zu versammeln, das in den Folgejahren zum Modell aller Frauenklöster des Ordens wird. Auch in Bologna bereitet Dominikus die Gründung eines Frauenklosters unter der Leitung Dianas von Andalò vor, welches jedoch erst sein Nachfolger an der Spitze des Ordens, Jordan von Sachsen, errichten wird.

Im Jahr 1220 versammelt Dominikus erstmals Delegierte aus allen Konventen zum Generalkapitel in Bologna. Wie schon die Wahl der Augustinusregel vor der Bestätigung als Orden einige Jahre zuvor, so wird auch die Ausarbeitung der Konstitutionen, der „Verfassung“, gemeinsam vorgenommen. Dominikus, den schon lange die Sehnsucht nach der Heidenmission umtreibt, will zurücktreten, doch wird er als Ordensmeister gewählt und bestätigt.

Er kommt nicht zur Ruhe: Für den Papst muss Dominikus in Oberitalien eine Predigtkampagne organisieren, für den Orden nimmt er 1221 am Generalkapitel in Bologna teil und reist danach nach Venedig. Im Juli kommt er schließlich, erschöpft von den Fußmärschen, zurück nach Bologna. Lange bespricht er sich mit dem Prior und verbringt wie so oft die Nacht im Gebet, doch muss er schließlich, von Fieber geschwächt, auf einen Strohsack gebettet werden. Vom Krankenbett aus spricht er den Novizen Mut zu, bevor er nach einer Beichte die Letzte Ölung empfängt. „Nur unter den Füßen meiner Brüder will ich begraben werden.“, bittet Dominikus und verspricht den versammelten Mitbrüdern: „Nach meinem Tod werde ich euch nützlicher sein, als ich es in diesem Leben war.“ Getragen vom Gebet seiner Brüder, kehrt er schließlich am 6. August 1221 zum himmlischen Vater heim, und wird, seinem Wunsch entsprechend, im Boden der Kirche begraben.

Die Brüder versuchen die Bevölkerung an der bald einsetzenden Verehrung ihres Ordensgründers zu hindern, denn sie ahnen, dass es nicht in seinem Sinne wäre. Doch die Wunderberichte häufen sich, und die Verehrung wächst so sehr, dass schließlich Bischof, Bürgerschaft und Universität von Bologna die Heiligsprechung beantragen. Nach Abschluss des Prozesses kanonisiert Papst Gregor IX., der Dominikus noch persönlich gekannt hat, am 3. Juli 1234 den Ordensgründer.

Bald nennt man die stetig wachsende Zahl der Predigerbrüder nach ihrem Gründer „dominicanes“ (Dominikaner). Auf Latein bietet sich ein Wortspiel an: „Domini canes“ – „Die Hunde des Herrn“:

Durch ihre Predigt verbreitet sich bald das Wort Gottes in der ganzen Welt wie ein Lauffeuer.