Der schwarz-weiß gekleidete Heilige im Altarbild in meiner Heimatpfarrkirche, wer ist er? Und die Heilige Nonne neben ihn, wer ist sie? Seit früher Kindheit zog meine Aufmerksamkeit nur die Hauptfigur auf diesem Bild an: die Rosenkranzkönigin in der himmlischen Pracht, mit gesenktem Blick nach unten… „Sieht sie auch mich?“ – wollte ich wissen. Doch ihre Haltung weckte mein Interesse für die soeben erwähnte Gestalt des hl. Dominikus, dem sie gerade den Rosenkranz übergab.
Mit großer Ungeduld las ich die ersten spärlichen Gedanken, die ich in einer Buchhandlung über ihn gefunden habe. Im Laufe der Zeit wurde er zu meinem Vater im Orden. Seine immerwährende Fürsprache im Himmel ist mir sehr wichtig.
Seine Liebe zum Wort Gottes, sein apostolischer Eifer für die Verkündigung des Evangeliums, sein Einsatz für die Kirche Christi, für den wunderwirkenden Herrn in der Beichte und Eucharistie, seine Treue dem Lehramt, die Verbundenheit mit dem Papst, sein beharrliches Gebet, Gelassenheit in den Schwierigkeiten, seine Freude, seine Sorge für das Heil der Seelen begeistern mich leidenschaftlich.
Das 800. Jubiläum des Hl. Dominikus, das wir das ganze Jahr 2021 feiern, brachte mir ihn noch näher. Ich hatte die Möglichkeit sich an die Orte seines Lebens und Wirkens online zu begeben. Was mich jedoch am meisten freut, ist seine große Heiligkeit. Dominikus wurde „alter Christus“. Und das nicht nur als Priester während der hl. Messe, aber sein ganzes Leben veranschaulichte die Lebensweise des göttlichen Heilands.

Pater Gianni Festa OP – Generalpostulator für die Heilig- und Seligsprechungsprozesse in unserem Orden – erzählt darüber in Anlehnung an das Werk von Nicola Pisano: das Grab des Heiligen in Bologna s.g. „L´Arca di San Domenico“. Die Ähnlichkeit des hl. Dominikus zu Christus wird speziell durch sein apostolisches Priestertum in den Reliefs ausgedrückt. (1.) In der Auferweckung des toten Knaben Napoleone Orsini begegnen wir Christus dem Arzt bei der Erweckung von Lazarus. (2.) Das Feuerwunder – indem Dominikus – Priester den wahren Glauben in seinem Buch verteidigt, zeigt uns Christus – Verteidiger der Wahrheit des Evangeliums in den Disputationen mit den Pharisäern und Schriftgelehrten. (3.) Von den Aposteln Petrus und Paulus erhielt Dominikus den Verkündigungsauftrag, so stellte er mit seiner Predigttätigkeit von Dorf zu Dorf und barfuß Christus dar, der von Ortschaft zu Ortschaft ging und die Frohe Botschaft zu den Menschen brachte. (4.) Das vierte Wunder geschah in Bologna 1218, als die Brüder am Anfang einige Monate in Santa Maria della Mascarella wohnten. Die kleine Gemeinschaft hatte nichts zu essen. Dominikus betete und zwei Engel brachten ihnen genügend Brot. Dieses Ereignis führt uns zu Christus dem Hohepriester, der nach dem Gebet seinen Jüngern Brot zu essen gab, und zum Eucharistischen Christus, der sich uns in der hl. Messe gibt.
Diese vier Begebenheiten, nach Pater Gianni, zeigen uns den heiligen Dominikus „Alter Christus“ als Priester – Apostel, der lehrt und mit seinen Brüdern Brot teilt.
(Siehe: Intervista p. Gianni Festa op – La santità di san Domenico).

Wenn die Bezeichnung „Alter Christus“ durch Dante Alighieri beim heiligen Franziskus am gängigsten ist, schließt das den heiligen Dominikus und andere Heilige nicht aus „Alter Christus“ genannt zu werden. Im Gegenteil: auch wir sind eingeladen „Alter Christus“ zu werden! Darüber spricht die Hl. Schrift, in der Jesus selbst uns bittet in Vereinigung mit Ihm und dem Vater so zu lieben, wie Er uns geliebt hat (vgl. Joh 15). Papst Franziskus schlägt die Betrachtung der Geheimnisse des Lebens Jesu Christi vor, die uns dazu führt, diese in unseren Entscheidungen und Haltungen immer mehr zu verwirklichen (vgl. Gaudete et Exultate, 20). Die zweite Dimension der Betrachtung Jesu Christi finden wir beim hl. Johannes Paul II. „Christus betrachten bedeutet ihn erkennen, wo immer er sich zeigt, in den vielfältigen Formen seiner Gegenwart, vor allem aber im lebendigen Sakrament seines Leibes und seines Blutes. Die Kirche lebt vom eucharistischen Christus“ (Ecclesia de Eucharistia vivit, 6). Gemeint ist hier besonders die hl. Messe und die Anbetung. Durch die heilige Kommunion, lebt Christus in uns und kann seine Werke in uns und durch uns vollbringen.

Möge das besondere Jubiläum der Geburt für den Himmel unseres Heiligen Patriarchs Dominikus für uns alle ein Ansporn zu neuer Begeisterung für Christus und sein Evangelium in Wort und Tat werden.

Sr. Agata Teresa Wierdak OP

Dominikanerinnenkloster Altenstadt (Feldkirch)

Bildquelle: © M. Agata Teresa Wierdak OP