Er (Dominikus) las mit Vorliebe in den‚ Unterweisungen der Väter‘ von Johannes Cassian, einem Buch, das von den Fehlern, aber auch von all dem handelt, was das geistliche Leben fördert. Darin forschte er nach den Wegen, die zum Heile führen, und versuchte mit der ganzen Kraft seiner Seele ihnen zu folgen. Dieses Buch und die Gnade Gottes ließen ihn zu einer seltenen Reinheit des Gewissens gelangen, zu einer tiefen Einsicht in der Kontemplation und zu einem hohen Grad in der Vollkommenheit.“ (Libellus Nr. 13; Koudelka, S. 77)

 Ich habe diese Stelle gewählt, weil ich mich als Gymnasiast für die verschiedenen Weltreligionen interessierte und dabei auch auf das Phänomen des Mönchtums stieß, das mich faszinierte: Ein Leben nur für Gott zu führen. Gotteserfahrung pur. Christliches Mönchtum beginnt mit den ägyptischen Wüstenvätern des 3. Jahrhunderts. Quellen dafür sind die Apophthegmata Patrum sowie besagte „Unterweisungen der Väter“ (Collationes Patrum) von Johannes Cassian (360-435). Da mir aber reines Mönchtum doch etwas einseitig erschien, suchte ich einen Orden, der beides miteinander verbindet: klösterliches Leben und Seelsorge, und fand diesen im Dominikanerorden.

Die zitierte Stelle berichtet aus der Frühzeit des hl. Dominikus in Osma. Als Kanoniker war er zwar streng genommen kein Mönch, hatte aber doch eine mönchische Wurzel, die auch bei seiner Ordensgründung zum Vorschein kam. Von Anfang an wohnten die Brüder in einem Kloster, und die „ältesten Konstitutionen“ legen Zeugnis davon ab, dass sie ein weitgehend klösterliches Leben führten: Chorgebet, Kapitel, Klausur, gemeinsame Mahlzeiten, Noviziat und Profess, Stillschweigen etc. Doch Dominikus blieb dabei nicht stehen. Das Heil der Seelen und der dafür erforderliche Predigtdienst setzten ein intensives Studium voraus. Dafür entfiel die Handarbeit, und von klösterlichen Gebräuchen konnte dispensiert werden. Auch befanden sich die Niederlassungen nicht mehr in der Einöde, sondern in aufsteigenden Städten. Eine besondere Rolle spielte in der angestrebten apostolischen Lebensform nicht nur die Gütergemeinschaft, sondern die Armut.

 Also gilt es auch heute, Altes und Neues zu verbinden. Bewährte Traditionen nicht leichtfertig abzuschaffen. Vielmehr: „In die Quellen der lebendigsten und vollsten Tradition einzutauchen… Sie erlaubt es allen Generationen, die erste Liebe mit Hilfe des Heiligen Geistes wieder zu entzünden.“ (Papst Franziskus)

 

Bildquelle: Joachim Schäfer – Ökumenisches Heiligenlexikon